Thursday, March 04, 2010

Terremoto 2010


Da wir in der Nacht vom 26. auf den 27.2. ein heftiges Erdbeben hatten, von dem Ihr sicherlich auch in den Nachrichten gehört habt, wollte ich Euch hiermit beruhigen, dass uns nichts passiert ist und wir wohl auf sind. Es war jedoch heftig und Angst erregend. Es dauerte recht lange und wurde immer schlimmer, alles hat gebebt, ich hatte Angst, die Lampe über mir würde runterfallen und rutschte näher zu Jaime rüber - wir lagen im Bett, es war ca.4 Uhr morgens.
Der Schrank öffnete sich und uns kam der Krempel entgegen, zum Glück nur Kleinkram, mein Computer fiel vom Tisch und überall hörte man es klirren und bröckeln. Wir lagen eng aneinandergeschmiegt im Bett und schauten fassungslos aber dennoch ruhig dem Spektakel zu. Auch Luna kam rüber zu uns ins Zimmer und pinkelte ein wenig vor Angst, der arme Schnuffihundi.
Als das gröbste vorbei war, machten wir mit einer Taschenlampe eine kleine Tour durchs Haus – wir hatten bis Montag Mittag weder Strom, noch Handy- oder Internetempfang. Fließend Wasser haben wir bis jetzt noch nicht, aber das kennen wir ja bereits.
Das Haus hat in vielen Ecken nun riesige und vor allem tiefe Risse, überall liegt Putz auf dem Boden, Bücher sind aus den Regalen gefallen, Vasen zerbrochen, der gläserne Zuckerstreuer hat die ganze Küche mit Scherben und Zucker versehen - aber alles in allem haben wir
Glück gehabt, dass nicht mehr passiert ist.
Das neue Häuschen, in das wir bald einziehen werden, hat gar nichts abbekommen, da bin ich froh. So ganz geheuer sind mir die Wände hier nämlich jetzt nicht mehr.
Die Nachbeben machen mir etwas zu schaffen...es bebt ständig noch mal hier ein bisschen und da...Jetzt bin ich aber in Null Komma Nichts im Garten, wenn es wieder zu wackeln anfängt. Selbst wenn ich nur Hundegejaule höre, bin ich schon alarmiert, da die Hunde ein Beben schon etwas früher spüren und zu bellen oder heulen anfangen. Während des Bebens sind die Tiere dann aber muckmäuschenstill.
Ziemlich beeindruckend war direkt nach dem Erdbeben das Geräusch von Tausenden von Steinen, die den Berg runterrollten. Selbst Stunden später konnte man die Berge nicht sehen, da sie von einer riesigen Staubwolke umgeben waren.
Und fast lustig fand ich die Nachricht von den 200 Gefangenen, denen das Erdbeben die Freiheit brachte, als einige der Gefängnismauern einstürzten. Es waren 260, die geflohen sind, aber 60 davon wurden wieder eingefangen. Die anderen mischen sich nun wahrscheinlich unter die zahlreichen Obdachlosen, denen das Erdbeben das Heim zerstörte...
Es muss schlimm sein, innerhalb von Sekunden Haus und Hof zu verlieren und am allerschlimmsten sind natürlich diejenigen betroffen, die geliebte Menschen verloren haben...oder ihre Haustiere.
Gestern waren wir in Santiago. Die Autos von Jaimes Eltern sind beide vollständig demoliert, da die ca. 2 Meter hohe Betonwand zu den Nachbarn einfach umkippte und auf beide Auto fiel. Als wir dort waren, fing es schon wieder an zu wackeln. Langsam reicht´s mir :0) Als wir spät abends in San Alfonso ankamen, war es stockfinster. Schon wieder ein Stromausfall. Bei Kerzenschein haben wir schnell alle Flaschen und Gefässe mir Wasser gefüllt. Da die Wasserversorgung hier über eine elektrische Pumpe funktioniert, geht nach einigen Stunden Stromausfall dann auch das Trinkwasser aus...
Heute früh war aber dann doch wieder alles Ordnung. Sogar endlich wieder Internetconnection! Das nutze ich nun besser sofort aus.
Das ist übrigens auch die Reaktion der Betroffenen, die ihren Optimismus bewahren konnten: Nichts ist selbstverständlich. Nichts ist sicher. Man schätzt und nutzt was man hat / was einem noch bleibt. Man schätzt die simple Tatsache noch leben und lieben zu dürfen.
Aber während die einen das wenige untereinander teilen, was sie noch haben, und sich gegenseitig helfen, machen die anderen die Strassen unsicher und rauben Häuser und Supermärkte aus...
So war es zumindest in den ersten Tagen, es herrschte totales Chaos. Viele in den stark betroffenen Gebieten hatten doppelte Angst, einmal vor einem Nachbeben und zum anderen davor, ausgeraubt zu werden, (viele Häuser haben kaputte Scheiben, eingestürzte Wände)...jetzt ist das Militär im Einsatz: ab 18:00 Uhr herrscht Sperrstunde und die Strassen werden bewacht. Man wusste am Anfang garnicht wohin mit den vielen Verhafteten. Ich glaube man hat sie dann in eine Turnhalle verfrachtet...:0)
In Santiago sieht man hier und da eingefallene Mauern etc, es ist aber nicht zu vergleichen mit den Bildern, die man im Fernsehen von Constitución, Concepción, Talca etc sieht...grausam.