Es ist acht Uhr. Ich nehme langsam meine Ohrstöpselaus den Ohren. Selbst die neueste Generation vonOhropax konnte mich gestern Nacht nicht von denlautstarken Konversationen meiner indischenZimmernachbarn verschonen.Meine Unterkunft kostet umgerechnet weniger als 2Euro, selbst an einem Feiertag wie diesem, an demjener kleine und begehrte Urlaubsort aus allen Nähtenplatzt und die meisten Zimmerpreise sich über Nachtverdoppelt oder gar verdreifacht haben. Ich bin inMunar, einer ‚Hillstation’ Keralas, wunderschöngelegen inmitten von Hügeln aus saftig grünenTeeplantagen, ähnlich einem Ei, das behutsam in einweiches Nest aus Moos gelegt wurde. Kurz, einbezauberndes Örtchen, jedoch an indischen Feiertageneher zu vermeiden. Ich stehe auf. Ohne dieLärmdämpfung wirken das marktschreierische Toben unddas morgendliche Gerotze fast animalisch. AlleHotelgäste außer mir scheinen Inder und männlichenGeschlechts zu sein. Mein Zimmer ist karg undschmutzig wie eine Garage und tatsächlich auch keineRupie mehr wert. Die Wand wurde schon lange nicht mehrfrisch gestrichen. Neben Moskitos, die dort ihr Lebenlassen mussten, tummeln sich jede Menge Kritzeleien,Zeichnungen und Sprüche. Einer davon erstreckt sichüber einen ganzen Meter und sticht mir sofort insAuge: “Twenty years from now you will be moredisappointed by the things that you didn't do than bythe ones you did do. So throw off the bowlines. Sailaway from the safe harbor. Catch the trade winds inyour sails. Explore. Dream. Discover.”Mark TwainDer Satz inspiriert mich und erinnert mich daran,warum ich eigentlich hier bin. Ich war schon immerdazu bereit, für ein bisschen Abenteuer undNaturspektakel so einiges in Kauf zu nehmen. Sei eseine schäbige Unterkunft, das Risiko krank zu werdenoder zum Beispiel strapaziöse Busfahrten.Gestern überlegte ich lange, was meine nächste Stationsein soll. Zurück nach Arambol in Goa, wo sich zurzeiteinige meiner Freunde aufhalten, wobei ich dort aberbereits mehrere Male war und ein weiterer Aufenthaltnicht unbedingt den Reiz des Neuen und Ungewissenverspricht. Außerdem finde ich die kiffende Mehrheitder dort ‚abhängenden’ Traveller eher öde unduninspirierend. Oder ich mache eine Tour von Munarnach Tambaram, bei Chennai. Dies wäre definitiv dieabenteuerlichere Alternative, da es zum einen auf einelängere Fahrt mit Lokalbussen hinauslaufen würde undich zum anderen in Tambaram die berühmt berüchtigtePalmblattbibliothek besuchen möchte, um mir meinpersönliches Palmblatt mit meiner Zukunft vorlegen zulassen.Ich werde jetzt noch einmal zur Touristeninformationgehen, um zu fragen, ob es nicht noch eine bequemereAlternative gibt, um nach Chennai zu kommen, als miteinem ‚Semisleeper’, wobei nur noch in der letztenReihe 2 Plätze frei sind, die man dann wahrscheinlichnoch nicht einmal ‚semi’-mässig nach hinten klappenkann. Die Vorstellung von dieser 14-stündigen Fahrtist grauenvoll, wobei die Realität wahrscheinlich nochschlimmer ist... Die Touristeninformation hat zu und die Reiseagenturteilt mir mit, dass der Semisleeper mittlerweilekomplett ausgebucht ist, und man nun nur noch mitLokalbussen von Munar weg kommt: Zuerst 4 Stunden nachUdalmapett und dann weitere 2 Stunden nachCoimbattore. In Coimattore wäre es kein Problem miteinem Sleeperbus nach Chennai zu kommen.Der nächste Bus nach Udalmapet fährt in einer halbenStunde. Ich flitze ins Zimmer zurück und packe soschnell wie möglich meinen unverzichtbaren Ballast anGepäck zusammen. Nass geschwitzt aber pünktlich sitze ich abfahrtbereitim richtigen Bus. Die Odyssee beginnt. Ich mache esmir ganz vorne zwischen den Postsäcken bequem. Ichfahre gerne mit den lokalen ‚governementbusses’. Ichmuss nicht mit x anderen Touristen zusammengequetschtin einem Minibus für den 5-fachen Preis sitzen. Indiesem Fall hatte ich aber noch nicht einmal dieOption des Minibusses, da kein Tourist außer mir nachUdalmapet möchte... Auf Wiedersehen Munar! Du bist bezaubernd und ich binnicht wirklich in deinen Genuss gekommen. Vielleichtkomme ich zurück, aber nicht mehr an einem Feiertag.Obwohl ich gestehen muss, dass ich es gestern Abendwider Erwarten sehr genossen habe. Zuerst dachte ichnur mit Horror an die Menschenmassen und die lauteMusik, doch mitten im Getümmel empfand ich esplötzlich als etwas Besonderes, Teil diesesfeierlichen Geschehens zu sein. Ich bekam Gänsehautund genoss den Moment. Die Kirche war mit Fähnchen undbunten Lichtern geschmückt und aus den Lautsprechernertönten schrille indische Hits. Die Frauen hattenihre besten Saris an und mit den Babys auf den Armenbetrachteten sie die Zeremonie in der kleinen Kapelle.Außer viel Weihrauch konnte man aber von meinerPosition aus nicht viel erkennen. Ich weiß noch nichteinmal, ob es ein christlicher Feiertag war, oderwarum man feierte. Aber im Prinzip war es mir egal.Noch 5 Minuten, dann geht es endlich los. Ich werfeeinen letzten Blick auf das Treiben in den Strassen.Ich sehe viele Männer, sitzende Männer, Hand in Handlaufende Männer und herumstehende Männer, aber keineeinzige Frau. Munar, wo sind deine Frauen? Der Himmelist bewölkt. Der Abschied fällt daher etwas leichter.Der Motor wird angeworfen. Auf Wiedersehen KrsnaLodge, du dreckiges Loch. Doch der Herr an derRezeption war bemerkenswert freundlich undhilfsbereit, und über den Preis konnte man ja auchnicht meckern. Der Inder würde sagen: „Cheap andbest!“ Die meisten abgehärteten langzeitreisendenIndienfans würden diesem Gütesiegel wohl zustimmen.Ich bereite mich mental auf die kommende„Offroadexperience“ vor. In Indien hat im Grunde fastjede längere Busfahrt mit den LokalbussenOffroadpotential, wenn man mit „offroad“ folgendesassoziiert: schlechte Strassen, Ungewissheit,Beschwerlichkeit, Nervenkitzel, Risiko, Pannen, manist der Fremde in der Fremde, kein anderer Travellerweit und breit...Wenn ich mir diese Rostschüssel genauer ansehe und andie Serpentinen und die indische Fahrweise denke,verspricht die Fahrt all dies und mehr. „Expect theunexpected“, das ist Indien für mich. Aber natürlich hoffe ich, dass der Risikofaktor nurein abstrakter Faktor bleibt. Ganesha, der Gott mitdem Elefantenkopf, der für die Überwindung vonHindernissen zuständig ist, betrachtet uns beschützendvom Armaturenbrett aus. Es kann also nichts mehrschief gehen.Ich bin auf Coimbattore gespannt, obwohl der Gedankedaran bei mir ein gewisses Unbehagen hervorruft. Icherwarte von dem Ort die üblichen Eigenschaften einerdurchschnittlichen indischen Stadt, auf die ichallesamt gerne verzichten würde: Menschenmassen undVerkehrschaos, ein unübersichtliches Wirrwarr aus zuvielen Bussen, Autos und Rikschas, wobei alle konstanthupen. Die Abgase und der Staub bleiben einem beimAtmen im Hals stecken. Mittagshitze und Uringeruch alsi-Tüpfelchen auf den Sinnesangriff. Gleich geht es los. Ich hoffe, dass mich derKartenverkäufer nicht meines Platzes verweist. Ichkann mir vorstellen, dass er normalerweise auf diesemprivilegierten Sitz ganz vorne neben dem Fahrerthront. Doch wenn er nett ist, so überlässt er mirdiesen „ladies seat“: Ist der Bus nicht restlosüberfüllt, dann haben Frauen nämlich das Recht, nichtdirekt neben einem Mann sitzen zu müssen. Privilegiensolcher Art lass ich mir gerne gefallen.Es wird windig. Ein Hauch von Urin bläst mir insGesicht. Die dunkle Wolkendecke verdichtet sich. Esfängt an zu nieseln. Schade, das Fenster werde ich beider Fahrt wohl zumachen müssen. Nun duftet die feuchteLuft nach Eukalyptus. In jeder scharfen Kurve und bei jedem riskantenÜberholmanöver werde ich daran erinnert, wie sehr ichan diesem Leben hänge. Trotzdem genieße ich die Fahrt.Ich höre Musik und betrachte verträumt die an mirvorbeiziehende Landschaft. Hohe Bäume ragen graziösaus einem meterhohen saftig grünen Teppich hervor.Bunte Häuser flitzen an mir vorbei. So idyllisch würdeich auch gerne irgendwann einmal wohnen wollen. Dieschrille Hupe holt mich zurück in das Hier und Jetzt.Warum müssen in Indien alle Hupen so unmenschlich lautsein?Plötzlich halten wir an einer Schranke, die sogleichfür uns geöffnet wird. Ein Schild weißt darauf hin,dass nun das Gelände eines Nationalparks beginnt.Keine schlechte Überraschung. Ich wusste gar nicht,dass im Preis eine Safari inbegriffen ist. Wir fahrenlangsam. Die Schlaglöcher werden immer häufiger undtiefer. Ich halte gespannt Ausschau nach wildenElefanten. Nach einer Weile wird die Strasse wieder besser.Unsere Geschwindigkeit erhöht sich, und auf einmalsind wir schon in Udalmapet. Der Busbahnhof gleichtdem regen Treiben eines Ameisenhaufens. Als einzige„Weiße“ weit und breit reagiert man höflich undhilfsbereit auf meine Frage, wo der Bus nachCoimbattore abfahren würde. Die Sonne stichterbärmlich. Meine Kleidung ist staubig. Es gibt keineSitzbänke. Ich setze mich auf eine Treppenstufe, dasbisschen mehr Dreck macht nun auch nichts mehr aus.Nach nur 10 Minuten sitze ich schon im nächsten Bus,auch wieder ganz vorne links.Über mir hängt ein Monitor. Der Busfahrer startet eineneue DVD und dreht die Lautstärke voll auf. Ichversuche den Film so gut es geht zu ignorieren undschaue aus dem Fenster. Die schrillen Videos gehörenleider auch zur „indischen Offroadexperience“.Bollywood lässt grüßen.Die Fahrt vergeht im Flug. Coimbattore ist ätzend. Ichtraue mich die verpestete Luft nur durch meinen Schaleinzuatmen. Der urbane Dschungel wirkt bedrohlich. AmBusbahnhof wusste man nichts von einem ‚Sleeperbus’nach Chennai und verwies mich auf einen Stadtbus zumzentralen Busbahnhof. Mit meinem Gepäck zwischen denBeinen sitze ich etwas eingequetscht bereits imnächsten Bus. Alle starren mich an. Ich lächlefreundlich zurück. Der Bus zieht sich langsam wie einPflug durch die von Menschen überfüllten Strassen undGassen. Wir kämpfen uns mühsam im Schritttempo durchdas dichte Treiben eines lokalen Marktes. Meinelatente Platzangst wird stärker und ich hoffe, dass esbald vorbei ist. Plötzlich fahren wir an einerReiseagentur vorbei, die mit einem großen Schild fürBusfahrten nach Chennai wirbt. Ich reagiere spontanund gebe ein Zeichen, dass ich aussteigen möchte. Esist bereits 18.00 Uhr. Die Agentur hat zum Glück nochauf. Ich gehe zum Schalter und stelle mich an. EinMann wird vor mir bedient. Es dauert. In derZwischenzeit haben 2 weitere Männer das Officebetreten. Beide drängeln sich seitlich vor. Ich bin zumüde, um mich darüber aufzuregen. Hauptsache ichbekomme irgendwie heute Abend noch eine Verbindungnach Chennai.Endlich bin ich an der Reihe. Der Ticketverkäufer istsehr unfreundlich. Der Sleeper ist bereits ausgebucht,es gäbe nur noch einen Semisleeper um 21.00 Uhr. Alser mir versichert, dass ich einen Ladies’ Seat ganzvorne bekomme, kaufe ich kurz entschlossen dieFahrkarte. Ich überbrücke die Wartezeit in einemeinfachen Restaurant, esse meine LieblingsgerichtParatha und vertiefe mich in mein Buch. Ich esse wiedie Inder mit der rechten Hand, die linke lasse ichunterm Tisch. Trotzdem werde ich von allen Seitenangestarrt. Mal wieder nur unter Männern frage ichmich, ob in diesem Restaurant vor mir jemals ein‚western tourist’ aß. Den Blicken nach zu urteilenbezweifle ich dies. Der bunte Paradiesvogel, derversucht unauffällig zu bleiben, in dem er nach untenschaut und so tut, als wäre alles ganz normal.Manchmal wünsche ich, ich könne mich wie damals imIran als Muselmanin verkleiden und meine westlicheIdentität einfach hinter einem Tschador verstecken. Die zehnstündige Busfahrt vergeht schnell und isterträglich, da ich die meiste Zeit davon schlafe. InChennai angekommen erfahre ich, dass Tambaram gar keinStadtteil sondern ein Vorort ist und ich eine weiteredreiviertel Stunde mit dem Zug fahren muss. Ich stärkemich mit Dosa, meinem südindischen Frühstücksfavoritenund weiter geht’s Richtung Palmblattbibliothek. DerZug ist überfüllt. Trotz Stehplatz genieße ich dielangsame Zugfahrt und überlege mir bereits Fragen anden ‚Nadi Gruha’, der die Kunst des Palmblattlesensbeherrscht. Nach einer halben Stunde Fahrt gibt mirein junger Mann ein Zeichen mal kurz aus dem Zugauszusteigen. 2 Wagons weiter vorne schaut derLockführer aus dem Fenster und fragt mich aufEnglisch, wo ich denn aussteigen wolle. Ich wusstebereits, dass Tambaram Endstation sein würde, aber nunist auch der freundliche Lockführer beruhigt, dass ichmeine Station nicht verpassen werde. Ich bin entzücktund gleichzeitig gerührt. Vor dem Bahnhof in Tambaram suche ich mir eineRikscha. Ich zeige dem Fahrer einen Zettel mit derAdresse, die ich aus dem Internet hatte. Er weißsofort Bescheid und sagt nickend „Ha, ha, Guruji SriRamani“. Ich freue mich, dass er den Weg bereits kenntund steige ein. Während der Fahrt merke ich, wie dasGefühl von Spannung, Neugier und Vorfreude ansteigtund wie eine Feder unter der Nase, meine Nerven zukitzeln beginnt. Werde ich heute schon einen Terminbekommen? Was wird er mir erzählen? Wird erakzeptieren, dass ich nicht unbedingt meinen Todestagerfahren möchte? Wird er mir meine Lebensaufgabeoffenbaren? Wann wird der Mann meines Lebens auf derSpielfläche auftauchen? Plötzlich kommen wir in eine reiche Wohngegend. DieSpannung steigt. Gleich sind wir bestimmt da. Wirhalten an einem Haus, vor dem bereits einige Autos undTaxen parken. Etwa ein Duzend Menschen sind um einen Mannversammelt, der auf einem Stuhl im Zentrum desGeschehens sitzt. Es wird eine Puja mit viel Blumenund Räucherwerk abgehalten. Der Guru sieht mich, stehtauf und kommt auf mich zu. Er fragt nach meinemAnliegen. Ich erwidere ihm, dass ich jenes Buch überdie Palmblattbibliotheken gelesen habe, und nun gerneselbst ein ‚Reading’ hätte. Er schüttelt leicht mitdem Kopf und sagt, dass es ihm nicht so gut ginge under zurzeit keine ‚Readings’ geben würde. Dannerkundigt er sich, woher ich komme und wie lange ichnoch in Indien bleiben würde. Er gibt mir einen Zettelmit seiner Telefonnummer und bietet mir an, mich beimeinem nächsten Chennaiaufenthalt zu melden und esdann noch einmal zu versuchen.Er verabschiedet sich höflich und geht auf seinenPlatz zurück. Ich werfe einen letzten Blick auf dieversammelten Leute und steige überrascht und leichtenttäuscht wieder in die Rikscha ein. Noch keine 10 Meter gefahren, fragt mich der Fahrer,ob ich denn nun wieder zurück nach Chennai wolle odereher nach Pondicherry. Auf die Frage bin ich nichtvorbereitet. Ich hätte nicht gedacht, dass sich dasThema Palmblattbibliothek so schnell erledigen würde.In das urbane Chaos Chennais möchte ich auf gar keinenFall zurück. Meine Chennaimission war hiermiterledigt, wenn auch erfolglos. Aber Pondy? Vor 3Jahren lebte ich über ein halbes Jahr in einer Kommunein der Nähe von Pondy. Klar, es ist schön da. Ichkönnte auch alte Freunde besuchen. Aber eigentlichwürde ich lieber irgendwohin fahren, wo ich noch nichtwar. Plötzlich kommt mir Tiruvanmalai in den Sinn.Diesen Pilgerort, der an einem heiligen Berg gelegenist, wollte ich schon immer einmal besuchen. Ich frageden Rikschafahrer wie weit wohl Tiru von Tambaramentfernt sei. Nur drei Stunden? OK. Ab zum Bus nachTiru.Ich werde mitten im Menschengewühl abgesetzt. Hierkäme irgendwann ein Bus nach Tiru, aber ich müssedamit rechnen, dass ich keinen Sitzplatz mehr bekäme.Es ist der letzte Tag eines verlängerten Wochenendes.Jeder ist unterwegs. Alle wollen nach Hause, wo immerdas auch ist. Der Bus kommt. Ich ergattere mir vornedirekt neben dem Fahrer auf dem heißen Motor einenhalben Platz. Ich kann mich weder anlehnen nochfesthalten. Die Tür bleibt bei der Fahrt offen. Derleichte Fahrtwind tut gut. Es steigen immer mehr Leuteein, bis auch absolut kein Stehplatz mehr frei ist.Wer hätte das gedacht? Jetzt bin ich also auf einmalunterwegs nach Tiruvanmalai! Einige Frauen setzen sichauf den Boden. Die Inderin direkt vor mir knüpft eineduftende Kette aus weißen Blüten, die sie sich wohlspäter in die Haare stecken wird. Sehr hübsch. DieFahrt ist anstrengend und die drei Stunden ziehen sichin die Länge. Der Bus fährt in Tiru ein. Endlich werdeich von meiner ungewollten Sitzheizung erlöst undsteige aus.Ich finde ein karges aber sehr günstiges Zimmer ineinem Ashram und genieße die lang ersehnte Dusche. Ichschlendere danach durch die Straßen und es fühlt sichan wie Liebe auf den ersten Blick. Die Energie diesesso verehrten Berges ist sehr präsent und besonders.Ich mache mich zum Herzen des Ortes auf: Bhagavan SriRamana Maharishi’s Ashram am Fuße des heiligen BergesArunachala. Im Buchladen des Ashrams stoße ich auf einberühmtes Zitat des Yogis: „Whatever is destined notto happen will not happen, try as you may. Whatever isdestined to happen will happen, do what you may toprevent it. This is certain. The best course,therefore, is to remain silent.“ Ich lese dies alsWink des Schicksals und bin nun eigentlich ganzzufrieden, dass es mit der Zukunftsprognose nichtgeklappt hat. Was bringt es mir, wenn ich vorher weiß,dass etwas Unangenehmes passieren wird, außer dass ichmir die Zeit vorher durch Sorgen und zu viele Gedankenauch noch vermiese. Und wenn ich vorher weiß, dassetwas Angenehmes passieren wird, werde ich vielleichtungeduldig oder drehe sogar meine Erwartungen so hoch,dass ich später enttäuscht sein werde. Dennoch bleibeich weiterhin von der Idee fasziniert, dass irgendwoin einer Palmblattbibliothek ein uraltes Palmblatt mitder Beschreibung meines persönlichen Lebens liegt.Aber man sagt ja – ob dies eine bloße Legende ist seidahingestellt – dass die Bibliotheken nur Palmblättervon Menschen führen, die auch tatsächlich eines Tagesvorbeikommen und danach fragen. Die Rishis konntenschließlich in die Zukunft sehen und sparten sichdamit eine Menge unnötiger Arbeit. Wie dem auch sei.Meine „offroadexperience“ zur Palmblattbibliothekbrachte mich also unerwarteter Weise nun an diesenmagischen Ort und zu der Erkenntnis, dass ichweiterhin nicht wissen möchte, was als nächstespassiert. Mein Leben soll ein Abenteuer bleiben.